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Vor 60 Jahren erste Krabbelversuche,
heute bedeutender Wirtschaftszweig (1
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Kein
anderer Musikstil nach der Disco-Welle der 1970-er und 1980-er Jahre
veränderte in Mitteleuropa die Dancefloor-Szene derart nachhaltig
wie Techno.
Wegbereiter der musikalischen
Vollsynthesizerfreuden war
Kraftwerk (herausragend
ihr Titel: Das Modell, 1978). Die Düsseldorfer Truppe löste Ende der
1960-er, Anfang der 1970-er Jahre eine regelrechte
Computermusik-Euphorie aus. Als sie 1991 nach langer Abstinenz ein
Remix-Album ihrer alten Hits präsentierte, hieß es, nun erst könnten
Hardware und Aufnahmemöglichkeiten mit ihren Vorstellungen
mithalten. Für Techno schuf
Jean Michel Jarre
(Oxygène 4, 1976) mit seinen Synthesizer-Tracks ebenfalls jene
Basis, auf der Gruppen wie
Out Of The Ordinary
(Dream, 1988) - stellvertretend für Acid/House -,
Front 242
(Headhunter, 1988) - als Avantgarde des Eurobeat [sic!], treffender:
Electronic Body Music/EBM - sowie die Indie-Kultband
Depeche Mode
erfolgreich aufbauten. Bald gliederte sich Techno nach Härtegraden
auf in Techno, Tekno, Tekkno oder Tekkkno sowie (später) in Trance. |
Als Referenz seien die Kultscheiben
genannt von Ursula Hybsch
(Orgasm, 1990), LDC
(Die Schwarze Zone, 1991),
Moby (Go, 1991),
T99
(Anastasia, 1991),
Quadrophonia (The Wave Of
The Future, 1991), U 96
(Das Boot, 1991), Westbam
(The Maday Anthem, 1992),
Marusha (Rave Channel,
1992, und Somewhere Over The Rainbow, 1994),
Mark 'Oh
(Droste, hörst Du mich?, 1995),
Sash!
(Encore Une Fois, 1997) oder
Alice Deejay (The
Lonely One, 2000). |
Ende der 1980-er Jahre war der von
DJs kreierten Synthiemusik der Durchbruch gelungen. Die belgische
Tanzbewegung New Beat mit Gruppen wie
Amnesia
(Ibiza, 1988), deren hypnotische Elemente bei Techno später
einflossen, hatte im deutschsprachigen Raum vergleichsweise geringe
Resonanz. Ein weiterer Strang, aus dem sich Techno speisen sollte,
war die Tanzmode Acid (Sinnbild: Smiley). Doch ohne die englische
Gruppe Depeche Mode
hätte der massenwirksame Techno Pop kaum so schnell Erfolg gehabt.
Die Reihe ihrer Hits (1981-1990) ist enorm: "Photographic", "Just
Can't Get Enough", "Blasphemous Rumors", "Black Celebration", "A
Question Of Time" oder "World In My Eyes". Daneben reüssierten
breitenwirksam die ebenfalls englischen Gruppen
Human League
(Being Boiled, 1980) und
New Order (Blue Monday,
1981). |
Ende 1990 triumphierte die Reißbrett-Musik im Tanzbereich. Deren Architekten waren keine identifizierbaren Musiker herkömmlicher Prägung, sondern zumeist anonyme DJs, die allerdings - so nah wie sie dem Publikum kommen - genau wussten, wozu abgetanzt werden konnte. |
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Überfrachtetes und etabliertes
Beispiel für Konserven-Musik mit Chart-Orientierung war zu diesem
Zeitpunkt die Palette des Produzenten-Teams Stock-Aitken-Waterman
(Rick Astley, Kylie Minogue). Genauso wie diese hatte der gesamte
Bereich des Hip Hop bis zum Acid House mit einem Manko zu kämpfen:
Die fertigen Digi-Sounds brauchten optisches Futter. Das war zwar
zunächst die Stunde von Starlets, doch diese fielen bald weg, man
denke etwa an die austauschbaren Figuren bei
Technotronic
(Pump Up The Jam, 1989),
Snap! (Rhythm Is A Dancer,
1992) oder Dune
(Hardcore Vibes, 1995), wo es mit den Sängerinnen auch
Auseinandersetzungen um die visuelle Vermarktung gab. So gingen DJs
in logischer Konsequenz als eigentliche Stimmungsmacher in die
Öffentlichkeit. |
Die Vinyle des Technokraten
Westbam
und des Ravers Guru Josh
(Infinity/1990s … Time For The Guru, 1990) wurden zu Hymnen auf der
Techno-Route, an deren Wegesrand auch Platz für Stilblüten war:
16 Bit
(Changing Minds, 1987) produzierte nicht nur Computermusik, sondern
warb auf Plattencovern auch gleich für die eingesetzte Hardware,
sprich: Commodore. |
Obwohl auf Tonträgern nun gesonderte Rave Mixes auftauchten - hörenswert M.N.O. (God Of Abraham) -, bezeichnete Rave als Variante von Acid keinen Musikstil, sondern ein soziales Phänomen, zu dem extensive Techno-Parties genauso gehörten wie Konzerte mit für Diskotheken typischen Lightshows und Projektionen. Zum extatischen Abtanzen mobilisierten also Techno House und das härtere zwei- oder dreifache K-Techno. EBM fasste in einer Nische Fuß:
Front 242,
die ihre Computer-Musik eher als Eurobeat benannt wissen wollten,
Nitzer Ebb
(Lightning Man [The Industry vs. The Ebb Mix], 1990) mit stärkerer
Durchschlagkraft, Paranoid
(Strain, 1991) oder der Klassiker
Skinny Puppy
(Assimilate, 1991). |
Techno-Tänzer - zwischenzeitlich sogar Technonaut genannt - brauchten mit zunehmendem Härtegrad eine jeweils bessere Immunität, physisch wie psychisch. Permanentes Strobolicht, Trockeneisdunst - manchmal auch (synthetische) Drogen - brachten den Organismus auf digitalen Orgasmustrip. Techno konnte - je nach dem, ob sich der Ausflug lediglich auf einen Abend, ein ganzes Wochenende oder länger hinzog - wie Triathlon sein. Ohne Kondition und Gewöhnung an die teilweise extreme Strapaze war zumindest der dreifache K-Techno als besonders kompromisslose elektronische Tanzmusik nicht auszuhalten. Das dumpfe Metallhammer-Geklopfe und monotone Soundgewitter wie etwa beim Gen-Techno von Cromosome
(Individual War Processor, 1991 als White Label für DJs
veröffentlicht) zerrte am Nervenkostüm. Doch wer verlangte schon,
daß die Jünger der 68er-Flower-Power-Generation zu härtegeprüften
EBM-Fans mutierten? |
Auf die unbarmherzige Bretter-Phase
folgte eine Entspannung. Aus der Stahlkammer sprossen plötzlich
psychedelische Blümchen in Form eines Techno light namens Trance.
Die Post-Techno-Ära mit einer von Katerstimmung geprägten Suche nach
neuen Kicks und Nischen schien angebrochen. Während jede Dorfdisco
und die meisten Kaufhäuser dem Avantgardistischen der nun vermassten
Welle den Gar auszumachen begannen, war die szenistische Subkultur
innovativ in die Sphärenwelt vorgedrungen. Hatten Video-Clips
bereits bei Techno House innovativ die Computergraphik
revolutioniert und salonfähig gemacht, so setzte Trance diese
Tradition fort. Farbenfroh und raumorientiert interpretierten beide
den Sound auf neuartige Weise. Zugleich stieg die Resonanz bei den
alljährlichen Berliner Techno-Megademos (Loveparade), bei denen ob
des zur Schau gestellten Exhibitionismus leicht die Grenze zur
Pornographie verwischt wurde. Hier behaupteten sich inzwischen alte
Protagonisten wie Westbam
und Dr. Motte. |
Dem Millionenspektakel widerstanden
allerdings insbesondere die Niederlande und Belgien mit ihrer
beinharten Hardcore-, später Gabber-Bewegung, welche sich bis zum
Millennium hielt und Klassiker aus dem Thunderdome-Bereich zeitigte,
etwa 3 Steps Ahead
(Cloud 9, 1995). |
Mehr:
Hip Hop:
Rappen, DJ'ing, Breakdance und Graffiti |
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Vor zehn Jahren: Aachener
Volkszeitung, Nr. 248, 23. Oktober 1993, S. Wo4
Artikel von Olaf Konstantin Krueger |
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Auflagenstarke Musikzeitschriften
prognostizierten bereits bei Entstehen des Techno, der treibende
Tanzrhythmus werde schnell verrauschen. Diese Kritiker irrten. Zwar
trat Trance dessen psychedelische Nachfolge an, aber die Vermassung
und Popularität der Bewegung haben bisher nicht zu deren Niedergang
geführt. Sie ist im Gegenteil mehr denn je chartprägend und
befruchtend: Culture Beat,
Haddaway
oder selbst die Pet Shop
Boys sind gute Beispiele
für gelungene Adaption. |
Doch gibt es einen Trend zu
deutschsprachigem Techno House? Es ist ein offenes Geheimnis, dass
in mancher Szene-Disco die Neue Deutsche Welle Nischen zurückerobert
hat. Und über den Erfolg von deutschsprachigen Gruppen wie
Die Prinzen,
PUR
oder Die Fantastischen Vier
wird hinreichend berichtet. Verwundern kann also nicht, dass auch
bei Techno nun vermehrt "Deutsch gesprochen" wird (Der
Tanzbefehl). Erinnert sei
nur an frühe Dance-Erfolge wie
LCDs
"Schwarze Zone", das tanzende Raumschiff von
Space Track
oder Myrdin's
Nacht. |
Neuerdings feiern jedoch CDs mit
deutschsprachigen Intros oder Texten fröhliche Urständ. Dabei ist
kein Thema tabu. So unterbricht man gern seine Techno-Party mit der
Durchsage eines fingierten Polizisten (M's
"Razzia"), bei Dagobert
kommt die Kriminalpolizei zu Wort auf der Suche nach dem Erpresser,
Aboria
leiht sich den Eingangstext zum Weltraumepos "Krieg der Sterne" aus,
oder Wang Tang
verarbeitet die Geschichte der drei Chinesen mit dem Kontrabass. Wen
wundert es also, wenn gleich die NDW als Quelle angezapft wird, etwa
für "Fred vom Jupiter" durch
Space Marina?
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Möglich, dass dies nur regionale
Erfolge sind. Doch wenn U
96,
Sven Väth
oder Westbam auf deutsch zum Abtanzen aufforderten, wäre der Trend
als solcher vielleicht eher wahrgenommen worden. Besonderen Kick
erhält er jedenfalls durch den Witz des chartknackenden
Teschnozabels,
bei dem man sich an Michael
Jackson's "Jam" oder MTVs
"Beavis and Budhead" erinnert fühlt. |
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Techno bezeichnet im lexikalischen Sinne selbst keinen eigenen Musikstil,
sondern wird lediglich als Vorsilbe gebraucht, etwa für Techno Pop oder
Techno House. Mit der Vorsilbe soll auf den vorwiegenden oder
ausschließlichen Gebrauch von elektronischen Musikinstrumenten und
Computern hingewiesen werden. Die Gruppen sind zumeist kurzlebig, ihre
Namen teils einfallslos, teils radikal, teils technokratisch.
Die innovativen Vertreter dieser originär
mitteleuropäischen Bewegung kommen aus England, Belgien, Italien, den
Niederlanden und der Bundesrepublik Deutschland, wo sich Szenen mit
ihren Clubs etabliert haben, die für eine Techno-Party jederzeit
tausende Fans rekrutieren können.
Musikalisch blieb kaum eine Trennlinie
nach Landesgrenzen ziehbar. Belgischer Techno beispielsweise sollte
hart, industriell und intensiv sein wie
Front 242,
jedoch ohne klare Identität, was die Sparten Break Beat, EBM und
Hardcore betraf. Doch die größten Unterschiede liegen auch heute noch
zwischen den chartorientierten Formationen wie
Scooter
(Hyper, Hyper, 1994) und der Underground-Bewegung, deren Abgrenzung zu
jenen am besten darin zum Ausdruck kommt, dass sie etwa
2 Unlimited
(Are You Ready For This?, 1991) nie als Techno bezeichnete. |
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Eislauf-Disco, 18. Oktober 2003
Im Bild: Steffi, Caroline, Laura und Jaqueline. Zoom (509 KB)
Foto: Krueger
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Eislauf-Disco, 22. März 2003
Im Bild: Anna, Verena, Britta und Nicole. Foto: Krueger
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Eislauf-Disco, 12. Oktober 2002
Im Bild: Benny, Dennis und Olli.
Foto: Krueger |
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Oldiethek, 04. Januar 2001
Im Bild: Elisabeth, Alex, Hans Josef und
Brigitte. Foto: Krueger |
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Krueger, Olaf Konstantin. Die Tivoli
Eissport- und Squashhallen Aachen. Rundgang durch eine Sport-, Frei-
zeit- und Kommunikationsstätte. Aachen: Klinkenberg, 2001. - 100 S. ISBN
3-934318-25-8. 15 EUR. |
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Verfasst in Deutsch mit englischer und
französischer Übersetzung des Prologs sowie der Geleitworte/Refe-
renzen wichtiger kommunaler und nationaler Personen des öffentli-
chen Lebens, u. a. der deutschen Bundesministerin für Gesundheit, Frau
Ulla Schmidt.
Buchpräsentation mit Oberbürger-
meister Dr. Jürgen Linden im Aachener Rathaus am 22. März 2002.
Buch online bestellen |
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